Jesus Christus spricht: „ Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.“ Matthäus 5,44-45

Liebt eure Feinde? Vielleicht ist dein erster Gedanke: „Ich habe keine Feinde, also betrifft mich das nicht.“ Allein dadurch, dass ich niemanden meinen Feind nenne, kann ich der Forderung von Jesus aber nicht entgehen. Sie gilt im Hinblick auf alle, die mir unsympathisch sind oder die mir auf den Wecker gehen, auf alle, mit denen ich am liebsten nichts zu tun haben will. Feindesliebe soll ich denen entgegenbringen, die Christen sind und zur Gemeinde dazugehören; aber auch all denen, die dem Glauben fern stehen oder gar einer anderen Religion angehören. Kannst du all diese Menschen lieben? Bist du bereit dazu? Ich bin es oft nicht, und manchmal frage ich mich sogar, ob das richtig ist, was Gott hier fordert.

Einer, der sich ganz bewusst dafür entschieden hatte, Jesus genau an dieser Stelle beim Wort zu nehmen, war Martin Luther King. Entgegen dem Trend vieler, die wie er darunter litten, wie sie von weißen Menschen behandelt wurden, Gegendruck aufzubauen und die weiße Bevölkerung für die Rassentrennung und demütigende Diskriminierung zu hassen, setzte Martin Luther King auf die Macht der Liebe. In einer Predigt zum Thema „Feindesliebe“ sagt er: „Zunächst müssen wir zur Vergebung fähig werden. Wer nicht vergeben kann, der kann auch nicht lieben. Wir können nicht mit der Feindesliebe beginnen, wenn wir nicht begreifen, dass wir denen immer wieder vergeben müssen, die uns beleidigen und verfolgen. Wir müssen auch begreifen, dass Vergebung immer nur von dem ausgehen kann, dem Böses angetan wurde. Der Übeltäter kann nur um Vergebung bitten.

Wenn wir vergeben, so bedeutet das nicht, dass wir so tun, als wäre nichts geschehen, oder dass wir eine böse Tat nicht beim Namen nennen. Vielmehr bedeutet es, dass eine Missetat nicht mehr als Schranke die Verbindung zwischen uns stört.“

Aber wie soll das praktisch gehen? Martin Luther King gibt ganz offen zu: „Es ist fast unmöglich, manche Menschen gern zu haben. … Jesu Befehl bezieht sich weder auf romantische Liebe noch auf Freundschaft. Er meint eine Art der Liebe, die Verständnis zeigt und einen schöpferischen, vergebenden guten Willen für alle Menschen. …“.

Agape heißt diese Art Liebe im Griechischen. Agape ist nicht in erster Linie Gefühl, sondern Tat. Gottes Liebe zu uns ist zuallererst eine voraussetzungslos schenkende Tat. Und das ist es, was Jesus uns auch im Blick auf unsere Feinde zumutet. Hier braucht es weniger Gefühl, als vielmehr einen Entschluss. Dazu muss ich mich entscheiden! Warum verlangt Jesus das von uns? Weil Hass schädlich ist, insbesondere für den, von dem er ausgeht. Noch einmal Martin Luther King: „Hass ist aber auch für jenen Menschen verderblich, von dem er ausgeht. Wie ein Krebsgeschwür zerfrisst der Hass die Persönlichkeit, zerstört er den Sinn für menschliche Werte und Objektivität. Unseren Gegnern sagen wir: Tut mit uns, was ihr wollt, wir werden euch trotzdem lieben... Werft uns ins Gefängnis, wir werden euch trotzdem lieben. Werft Bomben in unsre Häuser, bedroht unsre Kinder, wir werden euch trotzdem lieben. Schickt eure Mietlinge um Mitternacht in unsre Wohnungen, dass sie uns schlagen und halbtot liegen lassen, wir werden euch trotzdem lieben…“

Liebe, wie sie sich im Leben unseres Schöpfers so wunderbar ausdrückt, ist die beständigste Macht der Welt. Mögen wir begreifen, dass wir niemals wirklich Kinder unseres himmlischen Vaters sein können, solange wir nicht unsre Feinde lieben und für unsre Verfolger beten.“

Das sind starke Worte! In Normalfall wäre ich hier auch geneigt anzunehmen, dass da jemand den Mund zu voll nimmt. Nur wissen wir, dass Martin Luther King genau das gelebt hat und nicht zuletzt auch erlitten. Er ist an dieser Stelle ein Vorbild für mich.

Dennoch weiß ich, dass es immer wieder eine gewaltige Herausforderung ist, hier über den eigenen Schatten zu springen. Gott schenke uns den Mut und die Entschlossenheit, Liebe zu wagen!

Anke